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Zwei besondere Geschenke für die Stabi von Alfred und Lotte Batzdorff, sowie von Hilde Hönigswald

Samstag, den 22.09.2012

Raubgut

Im September 2012 konnten wir erneut die Erben geraubter Bücher finden. In beiden Fällen wurden der Stabi die Bücher (insgesamt sechs) als Geschenk überlassen. Von Volker Cirsovius-Ratzlaff

NSR A 320568

Lotte und Alfred Batzdorff

Zum Ersten: Im Zuge der Recherchen nach in den Zugangsbüchern verzeichneten ‚verdächtigen‘ Zugängen fanden wir fünf Bücher mit Besitzvermerken einer Familie Batzdorff: Dreimal der Stempel „Alfred Batzdorff“ zweimal das Autogramm „Lotte Batzdorff“.


Die Recherche konzentrierte sich zunächst auf ein Ehepaar mit dem seltenen Namen Batzdorff. In diesem Zusammenhang konnten wir im Sommer diesen Jahres mit Alfred Batzdorff in den USA Kontakt aufnehmen. Wie sich herausstellte ist er tatsächlich der Besitzer der Bücher und somit haben wir erstmals einen direkten Kontakt zu einem Vorbesitzer geraubter Bücher herstellen können. Bei den gefundenen Autogrammen handelt es sich, wie Herr Batzdorff bestätigte, um die Autogramme seiner Mutter Lotte Batzdorff.


Alfred Batzdorff wurde am 19. Februar 1922 in Breslau geboren. Er war das älteste von zwei Kindern und die Familie - seine Mutter Lotte, sein Vater Erwin und sein Bruder - lebte in Breslau. Alfred Batzdorff wurde als 16-Jähriger während der Novemberpogrome verhaftet und sollte in das KZ-Buchenwald verschleppt werden. Durch einen Zufall gelang ihm kurz vorher die Flucht und er konnte nach Hause zurückkehren. Die Familie entschied, ihn außer Landes zu bringen und so kam er Ende 1938 mit den so genannten Kindertransporten über Hamburg nach Großbritannien.
Die zunächst in Deutschland zurückgebliebenen Eltern Lotte, Erwin und sein Bruder bemühten sich nach den Erlebnissen im November 1938 ebenfalls um die Ausreise. 1939 gelang es ihnen, Deutschland zu verlassen und zunächst nach Großbritannien zu emigrieren. Dort trafen sie dann auch den 17jährigen Alfred wieder. Gemeinsam emigrierten sie in die USA.

Das Umzugsgut der Familie wurde über eine Spedition von Breslau nach Hamburg gebracht und sollte weiter in die USA verschifft werden. Die Gestapo beschlagnahmte es jedoch und die Bücher der Familie kamen als „Geschenk“ in unserer Bibliothek.

Über das Angebot der Stabi ihm seine und die Bücher der Mutter zurückzugeben freute er und sein Bruder sich sehr. Sie entschieden aber, die Bücher der Stabi als nunmehr ‚echtes‘ Geschenk zu überlassen. „While these books initially found their way to your library by devious ways, we would be happy to donate them and make their incorporation to your library legal”. (Alfred Batzdorff im September 2012)


Hilde Hönigswald, geborene Bohn.
Im zweiten Fall wurde uns ein Buch geschenkt, welches Hilde Hönigswald gehört hat. Sie war die Ehefrau des Philosophen Richard Hönigswald, den sie 1930 geheiratet hatte. Richard Hönigswald lehrte an der Universität Breslau und bis 1933 an der Universität München. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Im November 1938 wurde er für drei Wochen in das KZ-Dachau verschleppt und kam erst nach internationalen Protesten am 1. Dezember 1938 wieder frei. 1939 emigrierte das Ehepaar mit Hilfe von Freunden über die Schweiz in die USA. Das Buch kam vermutlich in unseren Bestand, nachdem das Umzugsgut aus der Schweiz im Hamburger Hafen beschlagnahmt worden war.


Das in dem Buch gefundene Autogramm von Hilde Hönigswald stammt aus dem Jahre 1928. Daher fand sich dort ihr Mädchenname Hilde „Bohn“. Mithilfe einer Forscherin, die sich seit Jahrzehnten mit der Biographie von Richard Hönigswald beschäftigt, konnte nun der Kontakt zur Enkelin von Hilde Hönigswald hergestellt werden. Wie aus den Familienerinnerungen ersichtlich wurde, war der Verlust sämtlicher Habseligkeiten, insbesondere auch der wertvollen Bibliothek des Philosophen für die Familie sehr schmerzlich. Umso mehr freut uns natürlich die noble Geste der Familie, der Stabi dieses Buch von Heinrich Heine zu schenken. ("I think a library would make better use of it so let them have it (them)".

Kontakt:

Arbeitsstelle Provenienzforschung - NS-Raubgut


Anneke de Rudder / Dr. Wiebke von Deylen
Wiss. Mitarbeiterin / Kommissarische Leitung
E-Mail: nsraubgut@sub.uni-hamburg.de
Telefon: +49 40/42838-3348 / -2225
Telefax: +49 40/42838-3352