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Hamburg, Carl von Ossietzky

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Briefwechsel des hl. Hieronymus

Köln, St. Pantaleon, um 1150-1170 Pergament – 290 Blätter – 43,5 x 30 cm

Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky, Cod. in scrin. 6, aufrufbar in den Digitalisierten Beständen der SUB
 

Briefwechsel des hl. Hieronymus

Exponat des Monats Oktober ist die Sammlung von Briefen des hl. Hieronymus und anderer Kirchenväter und –schriftsteller in einer Handschrift aus dem ehem. Benediktinerkloster St. Pantaleon in Köln. Der kostbare Codex gehört mit seinem Gegenstück Cod. in scrin. 5 mit dem Text des „Gottesstaats“ des Aurelius Augustinus zu den Meisterwerken romanischer Buchmalerei und Initialenkunst aus Köln und entstand ca. 1150-1170. Beide Handschriften wurden von Zacharias Conrad von Uffenbach im Jahr 1704 auf der Frankfurter Buchmesse erworben, wo sie als Makulatur verkauft werden sollten.

Briefwechsel des heiligen Hieronymus / Initiale auf dem Titelblatt

1. Handschriften aus der Klosterbibliothek von St. Pantaleon in Köln
Die Bibliotheksgeschichte in St. Pantaleon beginnt, wie bei Benediktinerklöstern üblich, mit der Einrichtung des Klosters nach seiner Gründung durch Erzbischof Brun(o) von Köln (925-965), dem jüngeren Bruder Kaiser Ottos I. (912-973). Nach Bruns Tod wird die Kirche unter Abriss des karolingischen Westwerks nach Westen verlängert und mit dem noch bestehenden monumentalen, dreistöckigen Westwerk versehen; in diesem Trakt lag auch die Bibliothek. Die erhaltenen Bücher aus der Pantaleons-Bibliothek umfassen bei weitem nicht nur liturgische Handschriften, sondern auch exegetische, historische, medizinische und theologische Schriften. Die Entstehungszeit der Libri Sancti Pantaleoni beginnt mit frühen, noch vor der Klostergründung im Jahr 964 zu datierenden Bänden, etwa dem – hoffentlich erhaltenen – Evangeliar W 147 des Historischen Archivs der Stadt Köln, um 875 (vgl. die Handschriftenliste im Anhang) und endet mit Bänden des 15./16. Jahrhunderts. - In der Barockzeit begann in St. Pantaleon durch Verkäufe und Auswechselung von handschriftlichen Büchern durch gedruckte Ausgaben der Untergang einer Bibliothek, die ansonsten ihresgleichen in Köln und weit darüber hinaus suchte. In diesem Zusammenhang steht der Erwerb dieser Hss. durch Zacharias Conrad von Uffenbach 1704 in Frankfurt während der Buchmesse.

Die Hamburger Staatsbibliothek verfügt in ihrem Bestand noch über weitere sieben Hand-schriften aus der ehemaligen Klosterbibliothek von St. Pantaleon; bei einer weiteren ist die Herkunft von dort wahrscheinlich, aber noch nicht endgültig gesichert. Damit hütet die Ham-burger Bibliothek etwa ein Drittel der aus St. Pantaleon bekannt gewordenen Handschriften bis zum 13. Jahrhundert.
2. der Text des Codex
Cod. in scrin. 6 versammelt zahlreiche Briefe des hl. Hieronymus an verschiedene Adressaten, unter denen der bedeutendste sicherlich der hl. Augustinus (354-430) ist. Neben dem Briefcorpus enthält der Band noch kürzere Traktate, etwa von Rufin gegen Hieronymus oder andere Streitschriften. Die Zusammenstellung der 137 Briefe bzw. Texte scheint eigens für diesen Band erfolgt zu sein; es gibt keinen anderen Codex, der genau diese Texte in genau dieser Reihenfolge enthält. Sicherlich war der Band als Studienbuch für die Ausbildung im Konvent hergestellt worden.

Briefwechsel des hl. Hieronymus

3. der künstlerische Schmuck des Codex
Für ein Studienbuch ist die Qualität der Ausstattung hervorragend und erstaunlich. Wie schon in Cod. in scrin. 5 wird der Band eröffnet durch eine Zierseite, hier eine ganz-seitige D-Initiale auf Purpurgrund. Oberhalb des „D“ erscheint in Goldschrift der Titel des nachfolgenden Traktats: Damasus Papa ad Ieronymum presbyterum de Osanna, darunter steht der Textbeginn: „D“ilectissimo Filio Ieronymo presbytero.
Auf der gegenüberliegenden Seite beginnt, zweispaltig geschrieben, der Text des Breifwechsels bzw. der Traktate. 136 Initialen, die jeweils über 8-16 Zeilen gehen, gliedern den umfangreichen Text. Phantasievolles Rankenwerk bildet die Initialbuchstaben, die auf blauem, grünem oder seltener gelblichem Grund stehen. Die Mehrzahl der Initialen sind reine Rankeninitialen, aber gelegentlich klettern Gestalten im Rankenwerk herum. Fast alle Initialen stammen von der Hand eines Malers, aber ganz überraschend begegnen einige wenige Initialen von völlig anderem Duktus; das Werk eines jüngeren, innovativen Buchmalers.

Literatur zur Handschrift / zur Bibliotheksheimat des Codex:

1. zu Köln St. Pantaleon
Hans Joachim Kracht: St. Pantaleon. In: Rhaban Haacke (Bearb.): Die Benediktinerklöster in Nordrhein-Westfalen. (Germania Benedictina VIII). St. Ottilien 1980, S. 390-404. [SUB HH: A 1971/4140:8]
Colonia Romanica. Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V. Bd. 21, 2006 [Kolloquiumsbd. hauptsächlich zur Geschichte von St. Pantaleon: Neue Forschungen zur Geschichte, Baugeschichte und Ausstattung von St. Pantaleon in Köln. Wissenschaftliches Kolloquium]

2. zur Bibliothek von St. Pantaleon:
Klemens Löffler: Kölnische Bibliotheksgeschichte im Umriß. Mit einer Nachweisung kölnischer Handschriften von Goswin Frenken. Köln 1923, S. 6, 80. [SUB HH: B 108208]
Ausstellungskatalog Köln: Rhein und Maas. Kunst und Kultur 800-1400. Köln 1972. Bd. 2 (Essaybd.), S. 305-332: Joachim M. Plotzek: Zur rheinischen Buchmalerei im 12. Jahrhundert. [SUB HH: B 1973 / 635:2]
Regina Pütz: Die Bibliothek des Klosters St. Pantaleon in Köln bis zum 13. Jahrhundert. Studien zum geistigen Leben. Diss. masch. Bonn 1997. [SUB HH: 98 T 2099]
Hans-Walter Stork: Handschriften aus dem Kölner Pantaleonskloster in Hamburg. Beobachtungen zu Text und künstlerischer Ausstattung. In: Heinz Finger (Hg.): Mittelalterliche Handschriften der Kölner Dombibliothek. (Diözesan- und Dombibliothek. Libelli Rhenani 12). Köln 2005, S. 259-285. [SUB HH: A 2006/1340]
Wolfgang Schmitz: Die mittelalterliche Bibliotheksgeschichte Kölns. In: Ornamenta Ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik, Ausst.-Kat. Schnütgen-Museum Köln. Hg. von Anton Legner. 3 Bde. Köln 1985, Bd. 2, S. 137-148.

Hanna Wimmer: manuskript des monats. [Internet-Seite des SFB 950] www.manuscript-cultures.uni-hamburg.de/mom/2012_08_mom.html <zu Cod. in scrin. 5>

3. zu Cod. in scrin. 6
Tilo Brandis: Die Codices in scrinio der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg 1-110. Hamburg 1972, S. 35-37. [SUB HH: Hs 4a/10: 7]
zum Text: genaue Nachweise der gedruckten Teile aus dem Codex bei Brandis; zahlreiche Texte aus dem Briefwechsel im CSEL Bd. 54-56, Wien 1885-1897 (lateinisch), in deutscher Übersetzung bei
Alfons Fürst: Augustinus – Hieronymus. Epistolae mutuae – Briefwechsel. Übersetzt und eingeleitet von A. F. 2 Teilbände. (Fontes Christiani Bd. 41/1 und 41/2). Turnhout 2002

Hans-Walter Stork

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