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Hamburg, Carl von Ossietzky

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Mai 2012

Johannes Brahms:


Ein deutsches Requiem op. 45.

Klavierauszug. Kopistenabschrift mit autographen Ergänzungen und vollständig autographem fünften Satz. Hamburg 1866 und 1868. Querfolio, 59 Blätter

Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky,
Brahms-Archiv, Signatur: BRA: Aa16

Brahms komponierte zwischen 1865 und 1868 sein deutsches Requiem auf von ihm ausgewählte biblische Texte zum Thema Trauer. Als äußerliche Impulse für Brahms‘ Beschäftigung mit einer Trauermusik gelten der Tod Robert Schumanns (1856) und – unmittelbarer noch – der Tod seiner Mutter (Februar 1865). Brahms erwähnte das Werk erstmals im April 1865 im Briefwechsel mit seiner engen Vertrauten Clara Schumann. Die Hauptarbeit an der Komposition erfolgte im Sommer 1866 und wurde im August 1866 zu einem vorläufigen Abschluß gebracht, bei dem das Werk noch nicht den fünften Satz („Ihr habt nun Traurigkeit“) enthielt.
Von dieser Fassung stellte Brahms unter Mithilfe zweier Kopisten Ende 1866 einen Klavierauszug her – es handelt sich um das hier präsentierte Manuskript – und schenkte ihn mit der Widmung „Weihnacht 1866 an Clara Schumann, in herzlicher Freundschaft“ seiner musikalischen Wegbegleiterin. In dieser Abschrift stammen das Titelblatt (mit Widmung) sowie die Klavierstimme zum ersten und teilweise zum zweiten Satz von Brahms‘ Hand.

Expo des Monats (Mai)

Nach der Uraufführung der Sätze 1–3 am 1. Dezember 1867 in einem Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und der Aufführung aller (bis dahin) vorliegenden Sätze an Karfreitag (10. April) 1868 in Bremen entschloß sich Brahms dazu, den in einer ersten Textkonzeption um 1861 bereits vorgesehenen fünften Satz (mit Sopran-Solo) noch zu komponieren. Von diesen Plänen muß schon bei der Bremer Aufführung die Rede gewesen sein, denn deren Rezensent, Adolf Schubring, berichtete später in der Kleinen Musik-Zeitung (Little Musical Gazette) (Leipzig/New York) vom 17. Juni 1868: „Ein Sopran-Solo mit Frauenchor [!] und Harfe beabsichtigt Brahms noch zwischen No. 3 und 4 einzuschieben.“ Daß dieser im Mai 1868 nachkomponierte Satz dann für Sopran-Solo mit gemischtem Chor (statt Frauenchor) sowie Orchester (ohne Harfe) ausgestaltet und nach Nr. 4 (statt vor Nr. 4) eingefügt wurde, zeugt davon, daß Brahms‘ Idee des Satzes im April 1868, trotz der raschen Realisierung im Mai, noch nicht sehr konkret gewesen sein kann. Zur Ergänzung des Ende 1866 Clara Schumann geschenkten Klavierauszugs fertigte Brahms unmittelbar nach der Fertigstellung des nachkomponierten Satzes auch von diesem einen Klavierauszug an (diesmal vollständig von seiner Hand geschrieben [siehe Abb.]) und reichte ihn Clara Schumann mit dem Vermerk „Hamburg, Mai 68“ nach.

Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg erwarb das hier präsentierte Manuskript 1970 vom Musikantiquariat Hans Schneider (Tutzing) für ihr 1958 gegründetes Brahms-Archiv. In den nicht von Brahms selbst geschriebenen Teilen (siehe oben) enthält es zahlreiche Präzisierungen der Dynamik sowie vereinzelte Text- und Notenkorrekturen von Brahms‘ Hand. Neben den anderen handschriftlichen Quellen zu dieser Komposition (Partiturautograph im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und Abschrift des Klavierauszugs mit zahlreichen autographen Korrekturen im Brahms-Institut Lübeck) stellt das Hamburger Manuskript eine wertvolle, in der alten Brahms-Gesamtausgabe nicht ausgewertete Quelle für das Studium der Entstehungsgeschichte des Werkes dar.

Jürgen Neubacher

 

Literatur

  • Margit L. McCorkle: Johannes Brahms. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis. München 1984, S. 168–179.
  • „... in meinen Tönen spreche ich.“. Für Johannes Brahms 1833–1897. [Ausstellungskatalog.] Hrsg. von Otto Biba u.a., Hamburg 1997, S. 188–195.
  • Michael Heinemann: Johannes Brahms. Ein deutsches Requiem nach Worten der heiligen Schrift; op. 45. Eine Einführung. Göttingen 1998.

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